Augenlicht

Da mein Krankheitsverlauf stets mit der Sorge um das Augenlicht verbunden ist möchte ich gerne einige Zeilen dazu niederschreiben.

ab März 2008: Erstdiagnose Hirntumor

Es hatte mich nicht sonderlich beunruhigt, dass meine Sehkraft nachgelassen hatte und die PC-Arbeit deutlich erschwert wurde. Letztlich war ich davon ausgegangen, dass eine Brille die notwendige Abhilfe schaffen könne. Am 10. März 2008 konsultierte ich einen Augenfacharzt, der mir dazu riet möglichst bald ein Krankenhaus aufzusuchen.

Die Untersuchungen auf der Augenklinik zeigten, dass die Sehschwäche deutlich stärker ausgeprägt war als ich es mir selbst eingestehen wollte. Das MRT wies eine „Raumforderung von 8x3x5 cm links frontobasal“ auf, welche in weiterer Folge als atypisches Meningeom diagnostiziert wurde. Nach zwei chirurgischen Eingriffen – im März und November 2008 – hatten sich die Gesichtsfeldausfälle verringert, es stand aber auch fest, dass der Tumor aufgrund seiner exponierten Lage nicht vollständig entfernt werden kann.

ab November 2008: Strahlentherapie

Eine Bestrahlung blieb unerlässlich, wobei ich mich zum damaligen Zeitpunkt noch kaum mit den therapeutischen Möglichkeiten befasst hatte. In einem Gespräch mit einer Fachärztin für Strahlentherapie – welches wohl unter keinem „guten Stern“ stand – erfuhr ich, dass eine konventionelle Strahlentherapie in 20 Einheiten erfolgen solle. Was ich aber dann zu hören bekam zog mir wahrlich „den Boden unter den Füßen“ weg. Ich müsse darüber aufgeklärt werden, dass eine irreversible Erblindung als Spätfolge der Bestrahlungen eintreten könne. Auf meine Nachfrage zur Wahrscheinlichkeit dieser Spätfolge erhielt ich keine für mich zufriedenstellende Antwort.

Es war mir natürlich bewußt, dass eine ernste Erkrankung vorliegt und eine solche auch Einschränkungen mit sich bringen würde. Aber eine Erblindung lag und liegt auch heute außerhalb meiner Vorstellungskraft. Im Zuge der Suche nach Alternativen wurde ich auf die stereotaktische Radiochirurgie aufmerksam und unterzog mich im Dezember 2008 zwei Gamma Knife Behandlungen. In den darauffolgenden Jahren erfolgte alle sechs Monate eine MRT Untersuchung und die Befunde wurden auf der neurochirurgischen Ambulanz erörtert. Im Oktober 2010 zeigte sich das erste Rezidiv, welches im Zuge einer dritten Gamma Knife Therapie erfolgreich behandelt werden konnte.

ab Juni 2013: Unklarer Handlungsbedarf

Im Juni 2013 wurde ich von einem Neurochirurgen darauf hingewiesen, dass sich anhand der aktuellen Befunde ein weiterer strahlentherapeutischer Handlungsbedarf abzeichnet. Einer weiteren Bestrahlung sah die verantwortliche Fachärztin bei einem Gespräch im Oktober aber mit großer und durchaus berechtigter Skepsis entgegen. Ich musste realisieren, dass die zahlreich vorangegangenen Behandlungen einen nicht zu unterschätzenden Risikofaktor darstellen. Aus dem im Dezember geführten Gespräch auf der neurochirurgischen Ambulanz in der Steiermark ließ sich für mich keine befriedigende Strategie ableiten.

ab Jänner 2014: Neue Wege

Auf Empfehlung eines Facharztes, bei dem ich wegen Epilepsie in Behandlung bin, suchte ich im Jänner 2014 erstmalig einen anerkannten Neurochirurgen in Wien auf. Nach Durchsicht der aktuellen Befunde wurde mir eine umgehende Gesichtsfelduntersuchung nahegelegt. In den letzten fünf Jahren hatte ich – wie sich herausstellen sollte durchaus fahrlässig – keinerlei Augenfachärzte konsultiert, wobei ich auf diese Notwendigkeit auch nicht hingewiesen wurde.

Die nunmehrigen Erkenntnisse waren alles andere als erfreulich und ich hatte wohl auch nicht damit gerechnet. In den Befunden der neuroophthalmologischen Ambulanz findet sich eine „deutliche Optikusatrophie beidseitig„, worunter ein Gewebeschwund der Sehnerven zu verstehen ist. Die Gesichtsfeldausfälle waren ähnlich jenen vor der ersten OP im Jahr 2008 und deutlich stärker ausgeprägt als Ende 2008.

Ursächlich verantwortlich ist das Meningeom an der Kreuzung der Sehnerven („chiasma opticum“), wobei auch die Bestrahlungen mitverantwortlich sein können. Es folgen seither regelmäßige MRT- und Gesichtsfelduntersuchungen. Die Befunde waren vorerst stabil geblieben und der Neurochirurg erklärte mir, dass Meningeome “kein lineares Wachstum” aufweisen und in einzelnen vergleichbaren Fällen auch über Jahre stabil geblieben seien. Zugleich wurde ich darauf hingewiesen, dass eine weitere OP mittelfristig notwendig sein könne. Der Facharzt für Neurochirurgie – bei dem ich mich sehr gut aufgehoben fühle – präferiert einen chirurgischen Eingriff „zum bestmöglichen Zeitpunkt“. Dies bringt für mich klar zum Ausdruck, dass wiederholte Eingriffe in vernarbten Gewebe stets risikoreicher werden.

Erst seit März 2015 habe ich eine Lesebrille wegen Weitsichtigkeit, welche die Gesichtsfeldausfälle aber natürlich keinesfalls kompensiert. Seit September 2014 nehme ich eine Psychoeinzeltherapie in Anspruch, da ich mich außerstande sah die Belastungen zu bewältigen.

ab September 2015: Hilfsgemeinschaft

Im September 2015 wurde ich ordentliches Mitglied in der Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs. Darüberhinaus bin ich auch als freiwilliger Mitarbeiter für diese Organisation tätig.


svg hilfsgemeinschaft.at

ab 2016: Verlaufskontrolle

Im Befund der Augenklinik vom 12. April 2016 wurden verstärkte Defizite besonders am rechten – bislang noch besseren – Auge ausgewiesen. Der Tumor „scheidet die Sehnerven bds. an deren Austrittsstelle von der Augenhöhle ein und die Sehnervenkreuzung (Chiasma) stellt sich atroph dar.“

Die Untersuchungen in den darauffolgen Jahren zeigten einen weitgehend „stabilen Verlauf“. Der behandelnde Facharzt für Neurochirurgie erklärte mir zuletzt, dass eine weitere OP derzeit nicht erforderlich sei. Diese Entwarnung hat wirklich gut getan …